Prolog - Teil 1

Es war später Nachmittag am Dienstag und die langsam untergehende Sonne schien blendend durch das große Panoramafenster an der Längsseite des leeren Besprechungsraumes. Zwei Personen hielten sich in dem Raum auf, indem sonst Kolloquien oder wissenschaftliche Veranstaltungen stattfanden. "Meinen Sie, das Sie wirklich alle möglichen Seiteneffekte beachtet haben?" fragte der Leiter des Instituts den Leitenden Projektingeneur. "Sicherlich haben wir alle kalkulierbaren Risiken berechnet und weitestgehend ausgeschlossen. Ein Risiko im Promillebereich bleibt immer, das wissen sie genausogut wie ich." entgegnete der angesprochene Ingeneur Klatt dem skeptischen Prof. Michler. "Aber wenn wir das Experiment heute Nacht nicht starten, müssen wir, wie sie sicherlich wissen, wieder drei Jahre auf die nötige Mond-Sonne Konjuktion warten. Nur heute Nacht haben wir die nötige Sonnenfleckaktivität,die die zur Verfügung stehende Energie verstärkt." 

Klatt war ein großer hagerer, ja fast schon asketischer Mann in den späten vierzigern, der seinem Gegenüber mit seinen stechenden Blick aus den graublauen Augen immer wieder Unbehagen einflößte. Er arbeitete seit über 10 Jahren an seinem Schwarzberg-Generator, mit dessen Hilfe er Energie aus einem künstlichen Magnetfeld erzeugen wollte. Heute sollte es nun soweit sein und Klatt fühlte sich dem Nobelpreis nahe wie nie zuvor. Wenn nur die ewigen Bedenkenträger wie Prof. Michler nicht wären, die immer und überall nur Probleme und Gefahren sahen. "Haben sie die Berechnungen von Ihrem Mitarbeiter gesehen, der meint, das unter Umständen durch eine größere Masse eine Beinflußung des Raum-Zeit-Gefüges eintreten könnte?", der schon deutlich in die Jahre gekommene Chefwissenschaftler des Institutes für alternative Energieforschung hatte noch ein Eisen im Feuer: Ein  junger Nachwuchswissenschaftler mit einem Sonderstipendium der Otto-Hahn-Stiftung versuchte sich seit einiger Zeit daran, die physikalischen Grundlagen des Schwarzberg-Generators zu erläutern, was natürlich bei Klatt nur auf wenig Gegenliebe stiess. "Ja ja, ich weiß, eine kritische Masse an Eisen in der kritischen Entfernung von 500 km vom Fokus des Magnetfeldes, und es könnte zur Refokussierung des Zeitkonstante kommen. Aber, Herr Michler, Sie haben sicherlich auch gesehen, das ich das Feld so gedreht habe, dass es auf die offene See, fernab der normalen Schifffahrtswege gerichtet ist. Und, ein Überraschungsbesuch der 6. Flotte steht ja wohl kaum an." erwiderte ihm Klatt in seiner üblichen arroganten Art. "Trotzdem wäre es mir lieber, wenn wir das Experiment ..." begann der sich zunehmend unwohl fühlende Professor, aber Klatt unterbrach ihn barsch: "Herr Professor Michler, ich werde das Experiment heute durchführen. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Mit oder ohne Ihren Segen, morgen sind wir die berühmtesten Menschen der Welt, sie werden sehen." Michlers Widerstand war gebrochen, er merkte, das er gegen den ehrgeizigen Wissenschaftler nicht ankam, "Ruhm, das ist es, worauf es Ihnen ankommt. Das Titelbild der 'Times', das muß es sein, dafür leben Sie. Aber bedenken Sie, welche Person die meisten Titelbilder hatte." Aber ohne ein weiteres Wort hatte Klatt den alten Professor stehen gelassen und war wütend abgerauscht.   

In der Tat war es Großes, was Ing. Klatt plante, unkonventionell und durchaus erfolgsversprechend. Das Experiment sah vor, mit Hilfe des Teilchenbeschleunigers des DESY in Hamburg ein extrem überladenes Magnetfeld zu erzeugen, das durch die spezielle Dreieckskonstellation von Sonne, Mond und Erde in dieser Nacht in seiner Stärke fast verdoppelt werden würde, wenn die Berechnungen der Wissenschaftler stimmten. Mit Hilfe des Magnetfeldes solllten aus einem massiven Kupferring, der genau im Fokus lag, Elektronen geredazu herausgerissen werden. Die Berechnungen sagten, dass durch die Verstärkung des Feldes im Endeffekt mehr Energie entstehen sollte, als zum Aufbau des Magnetfeldes benötigt wurde. Allerdings ließ die zugrundeliegende Formel auch die Möglichkeit der externen Refokussierung durch eine große Masse Ferrit in größerer Entfernung zu, wodurch es angeblich zu einer Teilchenverschränkung über Raum und Zeit kommen könnte.
Klatt wollte natürlich selber auch die Risiken minimieren und hatte daher den Versuch so geändert, dass der externe Zweitfokus auf die offene See gerichtet war. Die Schiffsfahrpläne zeigten keine größeren Bewegungen in der fraglichen Zeit an, und so fühlte sich das Projektteam sicher vor Überraschungen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen